"Soleil Nu" Teil 6 Der Dialog
"Also Sabine," begann Camille lächelnd, "wie gefällt es dir bisher?",
nachdem beide zu einem kleinen Frühstück im Bistro angekommen waren.
"Es ist… ungewohnt. Aber auch schön. Man fühlt sich irgendwie freier."
"Genau das ist der Zauber," nickte Camille zustimmend. "Es gibt aber ein paar kleine ungeschriebene Regeln, die man mit der Zeit lernt. Es ist nicht so wild wie man denkt. Die meisten Leute sind sehr rücksichtsvoll. Man achtet auf Blickkontakt, signalisiert Interesse oder Desinteresse. Und man vermeidet es, jemanden zu lange anzustarren, besonders wenn er gerade in einer intimeren Situation ist."
Sabine nickte und dachte an ihre sinnliche Selbstfindung auf der Veranda.
Camille grinste. "Nun ja, es gibt hier einiges zu entdecken. Es ist nicht nur das Sonnenbaden und Schwimmen. Viele Paare finden gerne im Grünen oder zwischen den Hütten zu einender. Und die meisten sind sehr offen für kleine Flirts." Sie zwinkerte Sabine zu. "Du bist ja schon gut 'eingewiesen' worden, habe ich gehört.
Sabine lächelte verlegen. "Sie waren sehr freundlich."
"Und das führt uns zu den kleinen Feinheiten der FKK-Etikette. Es geht um nonverbale Kommunikation, um subtile Signale. Wenn jemand dich berühren möchte, achte auf seine Augen, seinen Körperbau. Ist er zögerlich? Dann gib ihm Zeit. Ist er selbstbewusst und direkt? Dann kannst du entspannt mitmachen.", Als Eisbrecher kann man gerne das eincremen mit Sonneschutz anbieten, wenn der andere darauf eingeht, ist meist alles geklärt.
"Oh ja, auch das habe ich so schon erfahren", lachte Sabine.
"Und wenn man nicht mehr will?" fügte sie an.
"Dann sagt man einfach 'Stopp' oder wendet sich ab. Die meisten Leute sind sehr respektvoll. Es ist ja kein Zwang, sondern ein Vergnügen." "Aber ich hatte nicht den Eindruck,das Du mittendrin aufhören wollen würdest, wenn Du in Fahrt bist",Camille nippte an ihrem Cappuccino. "Du bist sehr sinnlich, Sabine"
"Aber",erwiderte Sabine,"ich weiß nicht warum ich plötzlich so bin".
"Ich genieße, die Intimitäten, sehr sogar," sie zögerte kurz, "aber manchmal… fühlt es sich an, als wäre ich nur ein Objekt." Sie biss sich auf die Lippe. "Eine Hure." Das Wort klang bitter.
Camille legte ihr eine Hand auf den Arm. "Das ist ganz normal, Sabine. Viele Frauen fühlen das am Anfang. Es ist nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass du eine 'Hure' bist, sondern eher, dass du dich danach sehnst, mehr als nur benutzt zu werden."
"Mehr?" fragte Sabine leise.
"Ja. Mehr Wertschätzung, mehr Zärtlichkeit, mehr Verbindung. Es geht darum, was du willst und wie du dich dabei fühlst. Nicht nur, was Jean-Luc und Pierre wollen." Sylvie lächelte beruhigend. "Aber ich kann Dir versichern das beide Dich als Frau mit Bedürfnissen, Wünschen und Gefühlen sehen und so behandeln." fügte Camille an.
Sabine sah sie an, ihre Augen suchten nach Bestätigung. "Aber wie räume ich diese Zweifel aus? Diese Angst?"
"Indem du dir erlaubst, deine Bedürfnisse zu spüren und sie auszuleben. Indem du dich nicht schämst für dein Verlangen, aber auch nicht zulässt, dass es dich definiert. Du bestimmst ob und wie du die Begierden zulässt, und in welchem Maße."
Sabine nickte. Trotzdem waren da die Jahrzehnte der Erziehung, die Stigmatisierung der Lust und dem fleischlichen Verlangen als Sünde, das ließ sich nicht mit einer Handbewegung wegwischen.
"Es ist ein Prozess", sagte Camille sanft, die ihr den inneren Kampf ansah. "Ein Ausbrechen aus alten Mustern. Du hast lange Zeit gelebt nach den Vorstellungen anderer. Jetzt ist es an der Zeit, herauszufinden, was du wirklich willst." Sie nahm einen weiteren Schluck Cappuccino und betrachtete Sabine aufmerksam. "Und ich glaube, du bist schon auf dem richtigen Weg. Du hast dich ja schon etwas fallen lassen, ohne zu zögern. Das ist nicht selbstverständlich für eine Frau deines Alters, die lange Zeit eher zurückhaltend war."
Sabine errötete leicht. "Es war… befreiend. Aber auch ein bisschen aufregend. Ich habe mich dabei ertappt, wie ich mitgemacht habe, einfach weil es sich gut anfühlte. Nicht unbedingt, weil ich sie wollte."
"Das ist der erste Schritt", nickte Camille. "Die Unterscheidung zwischen 'mitmachen, weil es sich gut anfühlt' und 'mitmachen, um zu gefallen'. Wenn du das herausgefunden hast, kannst du bewusster entscheiden, was du willst und wie weit du gehen möchtest." Sie lächelte verschmitzt. "Und glaub mir, Sabine, du wirst noch viele Möglichkeiten haben, das auszuprobieren. Dies ist kein gewöhnliches FKK-Resort, hier ist das "Soleil Nu"! Pierre und ich haben es über die Jahre zu dem gemacht was es ist, ein kleiner Swingerklub ohne Zwänge und Verbindlichkeiten".
Sabine zog eine Augenbraue hoch. „Ein Swingerklub? Interessant…“
Camille lehnte sich zurück und begann zu erzählen."Es ist eine lange Geschichte", begann Camille, "und sie beginnt mit unserer Mutter. Maman war eine außergewöhnliche Frau. Eine Künstlerin, eine Freigeist… und eine leidenschaftliche Liebhaberin.“
Camille fuhr fort: „Sie hat uns schon früh gelernt, dass der Körper etwas Schönes ist, etwas zum Genießen. Sie hatte keine Angst vor ihrer Sexualität und hat uns ermutigt, unsere eigene zu entdecken." Ihre Mutter war eine erfolgreiche Malerin, die oft Modelle für ihre Aktbilder suchte. Die Modelle waren nicht nur hübsch, sie wurden auch verwöhnt und gefeiert. "Sie sagte immer: 'Das Leben ist zu kurz für langweiligen Sex!'“
Sabine nickte wissend und zustimmend.
„Und Maman lebte das vor. Sie hatte eine offene Beziehung zu unserem Vater, der es gerne erwiderte. Es war nicht immer einfach, aber sie waren glücklich und haben uns beigebracht, dass Liebe viele Formen annehmen kann.“
Das Resort "Soleil Nu" gehörte ursprünglich ihrer Mutter. Sie hatte es vor zwanzig Jahren gekauft, ein kleines, etwas heruntergekommenes FKK-Resort. Sie liebte die Sonne, die Wärme und die Freiheit des südfranzösischen Lebensstils. Nach ihrem Tod teilten Camille und Pierre das Erbe.
"Wir waren beide beruflich ziemlich erfolgreich", erklärte Camille. "Ich war Architektin, Pierre arbeitete als Marketingchef. Aber irgendwie fehlte uns etwas." Sie hatte sich oft gefragt, was ihre Mutter mit dem Resort vorhatte. Es war ein schöner Ort, aber es hatte Potenzial für mehr.
„Wir haben beide festgestellt, dass wir in unseren Beziehungen nicht immer ganz zufrieden waren. Wir wollten mehr Leidenschaft, mehr Abwechslung, mehr Freiheit.“
Die Idee zum Swingerklub kam Pierre während eines Urlaubs. Er hatten ein paar andere Paare kennengelernt und sich wunderbar ausgetauscht. "Wir haben gemerkt, dass es viele Menschen gibt, die Lust auf mehr als nur das Gewöhnliche haben", sagte Camille.
"Und dann fiel uns plötzlich ein: Warum nicht das 'Soleil Nu' zu einem Ort machen, an dem man seine sexuellen Fantasien frei ausleben kann?", "Ein Ort ohne Vorurteile, wo man einfach nur Spaß haben kann."
"Es war eine riskante Entscheidung. Das FKK-Resort lief gut, aber es war eher ein ruhiger Ort für ältere Paare. Würden die Leute einen Swingerklub akzeptieren?
"Wir haben uns gesagt: 'Was soll schon passieren?'", sagte Camille lachend. "Wir hatten ja noch unsere Jobs und konnten das Resort langsam umgestalten."
"Es hat sich schnell herumgesprochen, die Leute liebten die entspannte Atmosphäre und die Freiheit, die wir boten." Das 'Sole-Nu' wurde zum beliebten Treffpunkt für Paare und Singles aus ganz Europa.
Camille lächelte Sabine zu. „Wir wollten einen Ort schaffen, an dem man sich wohlfühlen kann, egal wie schüchtern oder extrovertiert man ist. Ein Ort, an dem man seine Lust entdecken und ausleben kann, ohne Angst vor Verurteilung.
Es geht nicht nur um Sex", "Es geht um die Verbindung zwischen Menschen, um das Teilen von Leidenschaft und Freude."
Wie steht es mit dir?", fragte sie Sabine, "Stößt es dich ab oder bist du bereit auch deinen Horizont zu erweitern?"
Sabine lachte leise. "Ich glaube, ich brauche ein bisschen Übung."
"Übung macht den Meister", erwiderte Camille. "Und hier gibt es genug Gelegenheit zum Üben. Denk einfach daran: Du bist nicht nur ein Objekt der Begierde, du bist eine Frau mit all ihren Facetten. Eine Frau, die Lust empfinden darf, ohne sich dafür schämen zu müssen."
Sabine nickte nachdenklich. Sie spürte, wie etwas in ihr aufblühte – ein Selbstbewusstsein, eine neue Freiheit. Die Jahre der Zurückhaltung begannen langsam zu bröckeln. "Ich habe mich oft gefragt, warum ich so lange mit meinem Mann zufrieden war, obwohl es selten prickelnd war."
"Viele Frauen sind jahrelang 'zufrieden', weil sie denken, das ist einfach so", sagte Camille. "Sie haben sich an die Routine gewöhnt, an die Erwartungen der Gesellschaft. Aber tief im Inneren schlummert oft noch viel mehr Lust und Lebensfreude." Sie zwinkerte Sabine zu. "Und du scheinst diese Lebensfreude gerade wiederzuentdecken."
Sabine lächelte breit. "Es ist… aufregend. Manchmal ein bisschen beängstigend, aber vor allem aufregend." Sie dachte an die warmen Hände von Pierre und Camille, wie sie ihren Körper erkundet hatten, wie ihre Blicke ihr Feuer entfacht hatten. Sie hatte sich nicht nur benutzen lassen, sie hatte auch genossen, wie sie ihre eigenen Bedürfnisse entdeckt hatte.
"Und was kommt jetzt?", fragte Camille neugierig. "Hast du schon Pläne für den Tag?"
Sabine zögerte kurz. "Ich weiß noch nicht. Vielleicht gehe ich heute mal im Meer schwimmen. Oder lese ein Buch." Sie blickte auf und sah Camille direkt in die Augen. "Aber ich glaube, ich werde mich nicht mehr so lange zurückhalten. Ich möchte meine Lust ausleben, ohne mich dafür schämen oder zu glauben sich damit verstecken zu müssen."
"Das ist eine gute Entscheidung", sagte Camille zustimmend. "Und wenn du jemanden findest, mit dem du deine Lust teilen möchtest, dann tu es einfach. Lass dich treiben und genieße es."
Sabine nickte entschlossen. Sie spürte, wie sich Mut in ihr breit machte. Die Jahre der Zurückhaltung hatten sie müde gemacht, aber jetzt fühlte sie sich voller Energie und Lebensfreude. "Ich glaube", sagte sie mit fester Stimme, "ich möchte die nächste Zeit einfach mal mich von meiner Vergangenheit lösen. Von den Erwartungen meiner Familie, von den Konventionen meiner Generation. Ich möchte mich selbst neu entdecken, sexuell und emotional."
Camille lächelte stolz. "Das ist wunderbar, Sabine. Und ich bin sicher, du wirst dabei viel Spaß haben." Sie stand auf und streckte Sabine die Hand entgegen. "Ich muss Dich leider zurücklassen und meine Plichten als Ressortleitern bedienen"
Sabine nahm ihre Hand an und lächelte. "Danke für Deine Zeit und Deine lieben Worte", sagte sie. "Ich habe das Gefühl, dass diese Feriengelage noch einige Überraschungen für mich bereithält und ich freue mich darauf."
Sabine schaute Camille hinterher wie sie das Bistro verließ.
"Ich werde mich nicht mehr verstecken", dachte sie. "Ich werde meine Lust leben, so wild und frei, wie ich es nur kann." Die Hure, die sie manchmal noch in sich spürte, war nicht länger ein Zeichen der Scham, sondern eine Einladung zur Sinnlichkeit, zur Freiheit, zum Genuss. Sie war bereit, ihre Lust zu erkunden, bis ans Ende ihrer Möglichkeiten. Und sie wusste, dass Camille und die anderen Feriengäste ihr dabei helfen würden, dieses neue Kapitel ihres Lebens in vollen Zügen zu genießen.
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